Habilitationsprojekt Dr. Christian Fahse

AG Didaktik der Mathematik (Sekundarstufen)

Schriftliche Argumentation in Lerngruppen

Die Argumentationskompetenz ist seit Erscheinen der Bildungsstandards 2003 verstärkt in den Fokus der Unterrichtspraxis gerückt. Formuliert als output-orientierter Standard geht es um die Kompetenz der einzelnen Lernenden unabhängig von einem konkreten Unterrichtsgeschehen. Die hier skizzierte Studie zielt langfristig darauf ab, diese Kompetenzentwicklung auf Lerngruppen- oder Landesebene messen zu können. Im Hinblick auf dieses Ziel soll die Entwicklung eines Testinstrumentes realisiert werden, das als „Sonde“ (Fahse 2011) gekennzeichnet werden kann: Es soll mit wenig Aufwand in kurzer Unterrichtszeit durchführbar sein und indirekt, also durch Korrelationen, Rückschlüsse auf den erfolgten Unterricht erlauben.

Erprobt wurde hierzu die schriftliche Begründung des von den Lernenden genannten Ergebnisses einer Division durch 0. Der empirischen Studie liegen Testergebnisse der Klassenstufen 7, 8, 9, 10, 11, 13 sowie von Studierenden zugrunde. Dabei handelt es sich um schriftlich fixierte Argumentation zu dem genannten Thema, aber auch flankierend zu weiteren Fragestellungen (Fahse 2013) sowie um begleitende Interviews. Die Studie konzentriert sich zunächst auf die Jahrgangsstufen 7, 9, 11, 13 einer einzigen Schule (Gymnasium, N=365) und erlaubt damit auch quasi-längsschnittliche Aussagen.

Als theoretischer Hintergrund waren insbesondere zwei Klärungen notwendig. Zum einen die Untersuchung der verschiedenen Vorstellungen zur Null, zum andere eine Klärung der Begriffe Beweisen – Begründen – Argumentieren – Erklären.

Bei den empirischen Befunden zu den Vorstellungen zur Null zeigte sich eine „codierende Auffassung“ der Null – die Null als Zeichen für eine Ausnahmesituation – in überraschend häufiger Weise (Fahse 2014). Dies stellt ein unterrichtspraktisch relevantes Ergebnis dar, dass gleichzeitig notwendig ist, um die Arten der Begründung richtig einordnen zu können.

Die in der Literatur zu der genannten Begriffsklärung zu findenden Auffassungen unterscheiden sich fundamental. Für diese Studie wurden die Begrifflichkeiten anhand kommunikationstheoretischer Modelle (vor allem Toulmin 1958 und Kopperschmidt 1989 im Anschluss an Habermas) expliziert (Fahse 2013). Die Studie zielt nicht auf das Beweisen ab, sondern auf die in der Literatur seltener zu findenden Arten des Begründens.

Für die Auswertung der Texte wird Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2008) verwendet. Zur Messung der Reliabilität codiert jeweils ein Tandem zunächst einzeln und dann in einem zweiten Schritt konsensuell. Die Datenerhebung ist abgeschlossen, mit der Codierung und der statistischen Auswertung wurde begonnen.

Literatur

Fahse, C. (2014). Vorstellungen zur Null im Kontext der Division durch Null. mathematica didactica, 37, 5-29.

Fahse, C. (2013). Argumentationstypen. In G. Greefrath, F. Käpnick & M. Stein (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2013. Münster: WTM-Verlag.

Fahse, C. (2013). The Impact of Primary School on Secondary School - the Example of Division by Zero. Proceedings of the 37th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education. Kiel: IPN.

Fahse, C. (2011). Sonden - eine Möglichkeit für die empirische Unterrichtsforschung? - Das Beispiel Division durch Null. In R. Haug & L. Holzäpfel (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2011. Münster: WTM-Verlag.

Kopperschmidt, J. (1989). Methodik der Argumentationsanalyse. Stuttgart, Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog.

Mayring, P. (2008). Qualitative Inhaltsanalyse. New York: Springer. (10. Auflage)

Toulmin, S. E. (1958). The uses of argument. New York: Cambridge University Press.