Dissertationsprojekt Alex Engelhardt
AG Didaktik der Mathematik (Sekundarstufen)
Beurteilungsprozesse angehender Mathematiklehrkräfte bei der Analyse interaktiver Arbeitsblätter zu funktionalen Zusammenhängen
Bei der Unterrichtsplanung und Vorbereitung handelt es sich um eine Tätigkeit, mit der Lehrkräfte tagtäglich konfrontiert werden. Die adäquate Wahl eines oder mehreren Medien ist dabei eine zentrale Aufgabe (vgl. Kerres & Kalz 2003). Dabei darf ein (digitaler) Medieneinsatz kein Selbstzweck sein, sondern sollte primär dem Erreichen fachlicher Ziele dienen und damit didaktisch immer sinnvoll begründet werden können.
Aus theoretischer Perspektive spricht beim Entwickeln des funktionalen Denkens viel für den Einsatz interaktiver Arbeitsblätter auf Basis eines dynamischen Mathematik-Systems (wie z.B. GeoGebra). Die sich so ergebene Vorteile für das Lernen lassen sich auch empirisch belegen (vgl. Lichti 2019). Dabei versteht man unter einem interaktiven Arbeitsblatt eine „Internetseite, auf der sich ein Applet (ein im Browser lauffähiges Programm) auf der Basis eines DGS oder DMS und zugehörige Aufgabenstellungen befinden“ (Vollrath & Roth 2012). Eine der bekanntesten DGS ist GeoGebra, um das es im Folgenden geht.
Relevanz
Obwohl dem zielgerichteten Einsatz interaktiver Arbeitsblätter zu funktionalen Zusammenhängen ein hoher Lernzuwachs nachgewiesen wurde, bleibt deren Einsatz – insbesondere für die Schülerhand – gering (vgl. Grünkorn 2020). Eine Ursache kann darin bestehen, dass Lehrpersonen die medien- und fachdidaktischen Fähigkeiten fehlen, die notwendig sind, z.B. im Internet gefundene digitale Materialien hinsichtlich ihrer Qualität und ihres Potentials für den Einsatz im Mathematikunterricht zu beurteilen. Eine Vorstudie unterstützt diese These. Dabei stehen bereits eine Vielzahl an Applets zu funktionalen Zusammenhängen zur freien Verfügung auf geogebra.org/materials bereit. So müssen Lehrkräfte nicht zwangsweise neue Materialien selbst erstellen, sondern können dort gefundene Materialien zielgerichtet für ihren Unterricht auswählen oder anpassen.
Theoretischer Hintergrund
Es gibt einige Modelle und Kriterienkataloge, die (angehende) Lehrkräfte durch eine Beurteilung von OER-Materialien führen sollen. Diese sind zumeist aber allgemein und fachunspezifisch gehalten sind. Aus diesem Grund ist eine fächerübergreifende – selbst innerhalb einer Fachdidaktik zu unterschiedlichen Inhalten übergreifende – Kriterienliste kritisch zu betrachten.
Aus diesem Grund wird im vorliegenden Forschungsprojekt zunächst geklärt, welches spezifische Wissen (angehende) Lehrkräfte benötigen, um interaktive Arbeitsblätter zu funktionalen Zusammenhängen zielgerichtet in ihrem Unterricht einsetzen zu können. Dazu wird die Fähigkeit der Beurteilung interaktiver Arbeitsblätter ausdifferenziert und in Bezug gesetzt mit etablierten Ordnungsrahmen wie das TPACK framework nach Mishra und Koehler (2006) oder neuen Ansätzen von digitalen Kompetenzmodellen wie DigCompEdu (Redecker 2017).
Methode
In einer Explorationsstudie soll untersucht werden, wie Studierende bei der Beurteilung von interaktiven Arbeitsblättern vorgehen. Dazu erhalten Studierende ein interaktives Arbeitsblatt mit einem vorformulierten Lernziel und sollen dies auf den Einsatz im Unterricht beurteilen. Die resultierenden Bildschirmaufnahmen und Interviews werden danach mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet (Kuckartz 2018).
Literatur
J. Grünkorn, E. Klieme, A.-K. Praetorius & P. Schreyer (Hrsg.): Mathematikunterricht im internationalen Vergleich. Ergebnisse aus der TALIS-Videostudie Deutschland. Frankfurt am Main: DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation 2020.
Kerres, M., Kalz, M. (2003). Mediendidaktik in der Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerbildung, 21 (3), 410-421.
Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Auflage). Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
Lichti, M. (2019). Funktionales Denken fördern. Experimentieren mit gegenständlichen Materialien oder Computer-Simulationen. Wiesbaden: Springer Spektrum.
Mishra, P., Koehler, M. (2006). Technological pedagogical content knowledge: A framework for teacher knowledge. Teachers College Record, 108 (6), 1017–1054.
Redecker, C. (2017). European Framework for the Digital Competence of Educators: DigCompEdu. In Y. Punie (Hrsg.), Joint Research Centre (JRC) Science for Policy report. Publications Office of the European Union.
Vollrath, H.-J., Roth, J. (2012). Grundlagen des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe (2. Auflage). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.