Warum im Alltag systemisch Denken ?

Warum im Alltag systemisch denken?

Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit – Klimakrise, weltweite Migrationsbewegungen, geopolitische Konflikte oder die Auswirkungen von Pandemien – haben eine wesentliche Gemeinsamkeit: sie sind komplex. Wie können wir mit dieser Komplexität umgehen, den Überblick behalten und sinnvolle Entscheidungen treffen?

Um den Schwierigkeiten einer immer komplexer werdenden Welt konstruktiv zu begegnen, ist eine Denkweise erforderlich, die der Struktur dieser Herausforderungen gerecht wird: systemisches Denken. Doch nicht nur auf der großen weltpolitischen Bühne ist systemisches Denken nützlich, auch im Alltag hilft es, die Entstehung „kleiner“ Probleme und Schwierigkeiten zu verstehen.

In unserem täglichen Leben scheinen die meisten Prozesse vorhersehbar, kontrollierbar und beherrschbar. Man kann leicht abschätzen, was passiert, wenn man die Kaffeemaschine einschaltet oder wie man sich an einem Feiertag versorgt, selbst wenn der Kühlschrank leer ist. Im Alltag finden wir uns meist gut zurecht und können Probleme unmittelbar bewältigen. Doch manchmal stellt man sich die Frage, warum es wieder nicht geklappt hat, Lebensmittel einzukaufen, oder warum man das gesamte Wochenende vor einer Prüfung durcharbeitet, obwohl dieses Semester alles anders werden sollte. Eine systemische Betrachtungsweise hilft zu verstehen, wie unsere alltäglichen Strukturen zu den wiederkehrenden, unerwünschten Situationen führen.

 

Wie kann mir „Systemisches Denken“ helfen?

In komplexen Wirklichkeitsbereichen finden viele Prozesse gleichzeitig statt und beeinflussen sich gegenseitig. Eine Handlung hat nicht nur den gewünschten Effekt, sondern wird auch von vielen unbeabsichtigten Nebenwirkungen begleitet, die sich erst Wochen, Monate oder Jahre später – oft in anderen Lebensbereichen – bemerkbar machen.

Systemisches Denken hilft dabei, Nebeneffekte, unbeabsichtigte Folgen und dynamische Entwicklungen zu erfassen und bei Entscheidungen zu berücksichtigen. Es ergänzt das vorherrschende analytische Denken, das die Welt isoliert – zergliedert in Einzelaspekte und isolierte Ereignisse – betrachtet. Systemisches Denken ist zugleich Denkweise und Methode, die darauf abzielt, Entwicklungen und Ereignisse um uns herum als sinnvolles, zusammenhängendes Ganzes zu verstehen.

Man benötigt Werkzeuge, um die eigene Denkweise und tief verwurzelte Vorstellungen und Annahmen über die Welt zu hinterfragen. Es braucht eine Haltung, die kultiviert werden muss, um die eigene Sichtweise zu erweitern, Veränderungen zu verstehen, vorauszusehen und negative Folgen abzuwenden.

Hinter all unseren Reaktionen auf Ereignisse und Ergebnisse stecken unsere Denk- und Handlungsmuster mit tief verwurzelten Annahmen, Verallgemeinerungen und Routinen, die jeder Mensch – oft unbewusst – in Situationen anwendet. Mit systemischem Denken gelingt ein Kippeffekt, der das Erkennen von wiederkehrenden Mustern („Systemarchetypen“) erleichtert und einleitet. Alltägliche Annahmen und Vorstellungen über das Funktionieren der Welt werden erweitert, wenn man beginnt, den Blick auf das Ganze zu richten, sich Wechselwirkungen und Rückkopplungen bewusst zu machen, Zeitverzögerungen in Entscheidungen einzubeziehen und bewusst mit Komplexität umzugehen.

Entscheidungen treffen wir jeden Tag, Problemen begegnen wir ständig – warum diese also nicht einmal systemisch betrachten und angehen?