Pestizide in Schutzgebieten

Vorkommen, Bewertung, Maßnahmen

Projektbeschreibung

Im vorliegenden Projekt AZ - 35919 (Laufzeit: 01.01.2021 bis 31.03.2022) wurde die Pestizidbelastung von Gewässern in Schutzgebieten in Deutschland untersucht, welche, trotz vermutlich hoher Relevanz, in dieser Weise bisher nicht betrachtet wurde. Die Pestizidbelastung in Gewässern in Naturschutzgebieten (NSGs) wurde primär anhand umfangreicher Anwendungs- und Monitoringdaten für das Bundesland Sachsen beurteilt. Aufgrund erheblicher Verzögerungen bei der Datenbereitstellung wurde, anders als im ursprünglichen Projektantrag angestrebt, am Beispiel von Sachsen exemplarisch eine detaillierte Situationsanalyse durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Belastung der Gewässer in NSG durch Pestizide geringer ist als die von Gewässern, die sich in Gebieten ohne gesonderten Schutzstatuts befanden (NNSGs). Sowohl die Nachweisrate (Anteil Proben mit Pestizidfunden an den Gesamtproben) von Pestiziden, als auch die nachgewiesenen Pestizidkonzentrationen waren in NSG geringer als in NNSG. Im Gegensatz dazu ergeben die Pestizidnachweise allerdings sehr ähnliche ökotoxikologische Risikoprofile in NSG und NNSG. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Betrachtung der ökotoxikologischen Risiken der eingesetzten Pestizide sehr sinnvoll erscheint. Eine mögliche Beeinträchtigung der Umwelt durch Pestizide findet also in ähnlichem Maße in NSG und NNSG statt, trotz der unterschiedlich intensiven Schutzbemühungen. 

Multivariate Analysen der Landnutzungsparameter in den Gewässereinzugsgebieten ergaben, dass die landwirtschaftliche Nutzung die primäre Eintragsquelle für Pestizide in NSG darstellt und das ökotoxikologische Risiko am stärksten bestimmt. Urbane und industrielle Eintragsquellen spielten hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Weitere geostatistische Analysen zeigten auf, dass eine landwirtschaftliche Nutzung (z.B. Ackerbau, Obstbau) in NSGs, sowohl in Sachsen als auch im gesamten Bundesgebiet, nur in einem sehr geringen Maße stattfindet und die dort vorkommenden Nutzungen außerdem zu den weniger pestizidintensiven Kulturen zählen (z.B. Grasland). Somit sind die Quellen für den Eintrag von Pestiziden in NSG vermutlich häufig nicht in den Schutzgebieten selbst verortet und Einträge über einfließende Gewässer oder atmosphärischen Transport spielen vermutlich eine wichtige Rolle. Dies steht in Einklang mit den zuvor durchgeführten multivariaten Raumanalysen.

Die Machine-Learning gestützte Auswertung von Schutzgebietsverordnungstexten wurde anders als ursprünglich geplant durchgeführt. Einerseits wurden, was vorher nicht bekannt war, zeitgleich zum vorliegenden Projekt umfassende Aufarbeitungen von Schutzgebietsverordnungen im Auftrag des UBA durchgeführt (Mühlenberg et al. 2021) und somit das Thema bereits bearbeitet, andererseits deutet die oben dargelegte geringe Prävalenz von direkten Pestizidanwendungen in Schutzgebieten darauf hin, dass eine umfangreiche Analyse von Verordnungstexten mit Bezug zum Thema „Regelungen zum Pestizideinsatz“ nicht zielführend ist. Schließlich wies eine teilautomatisierte Textanalyse eine hohe Ähnlichkeit in den Verordnungstexten zu Schutzgebieten nach, die eine schlechte Voraussetzung für einen Machine-Learning Ansatz darstellt. 

Erste eigene Freilandanalysen (Biosphärenreservat Pfälzerwald) unterstützten die Annahme eines Transportes von Pestiziden in Schutzgebiete, wobei sich hier andeutet, dass v.a. der atmosphärische Transport von Pestiziden ein wesentlicher Eintragspfad sein könnte. Somit ergeben sich komplexe Expositionsdynamiken für Schutzgebiete, die ihren Ursprung häufig in angrenzenden oder weiter entfernt liegenden Räumen finden und dringend näher untersucht werden sollten. 

Insgesamt konnte im vorliegenden Projekt bereits ein relevanter Einblick in die Pestizidbelastung von Oberflächengewässern in Schutzgebieten erarbeitet werden. Das Projekt lieferte zudem erste Abschätzungen zu den Quellen bzw. Dynamiken dieser Belastungen. Auf der Basis der bisherigen Informationen sind insbesondere Verdriftung von Pestiziden in Schutzgebiete, atmosphärischer Transport, fluvialer Transport über Fließgewässer und das ökotoxikologische Risikoprofil der eingesetzten Pestizide als konkrete Punkte zu nennen, an denen eine Risikominderung ansetzen kann. Die entwickelte Methodik stellt gleichsam einen Rahmen zur Verfügung, der zukünftig für weitere Auswertungen in anderen Bundesländern und mit Fokus auf andere Schutzgebietskategorien verwendbar ist.

Finanziert durch

Laufzeit

01.01.2021 - 31.03.2022